| Menschenrechte

Mitgliedstaaten stimmen für abgeschwächte EU-Lieferkettenrichtlinie

Trotz der Stimmenthaltung Deutschlands hat sich im EU-Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am 15. März 2024 eine Mehrheit für die geplante europäische Lieferkettenrichtlinie gefunden. Sie soll gewährleisten, das europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards entlang ihrer Lieferketten prüfen.
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Um die erforderliche Zustimmung zu erreichen, wurde der Geltungsbereich der Richtlinie stark eingeschränkt. Sie soll nur noch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und mehr als 450 Mio. Euro Jahresumsatz gelten. Der ursprüngliche Entwurf, auf den sich Rat und Europäisches Parlament (EP) bereits im Dezember 2023 geeinigt hatten, hätte Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von über 150 Mio. Euro betroffen. Schätzungen des Centre for Research on Multinational Corporations zufolge fallen durch die neuerliche Anhebung der Grenze 67 Prozent weniger Unternehmen in den Geltungsbereich der Richtlinie als ursprünglich vorgesehen.

Eine zeitlich gestaffelte Einführung soll Unternehmen darüber hinaus mehr Zeit geben, sich auf die Bestimmungen vorzubereiten. Nach drei Jahren sollen die Vorgaben zunächst für Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Mrd. Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren sinkt die Grenze auf 4.000 Mitarbeitende und 900 Mio. Umsatz. Zudem wurden sogenannte Risikosektoren aus dem Entwurf gestrichen, also Wirtschaftszweige, in denen das Risiko für Menschenrechtsverletzungen als höher bewertet wird, wie als etwa die Landwirtschaft oder die Textilindustrie. Auch der Finanzsektor soll weitgehend ausgeklammert bleiben.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil begrüßte die Einigung und den dadurch angestrebten verbesserten Schutz von Beschäftigten und Kindern vor Ausbeutung. Dadurch würden faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen in Europa geschaffen. Das europäische Lieferkettengesetz geht trotz der Abschwächungen über die Vorgaben des deutschen Lieferkettengesetzes hinaus. So ist im deutschen Gesetz ausgeschlossen, dass Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar sind.

Neben der Bundesregierung, die sich aufgrund einer Blockade der FDP in der Ampelkoalition der Stimme enthalten hatte, enthielten sich auch acht weitere Mitgliedstaaten: Österreich, Bulgarien, Tschechien, Litauen, Estland, Malta, Ungarn und die Slowakei.

Der Rechtsausschuss (JURI) des EP stimmte dem Gesetzesvorschlag am 19. März 2024 zu. Das Plenum muss dem Kompromiss der EU-Staaten ebenfalls noch zustimmen. Die Abstimmung ist für den 24. April 2024 angesetzt. Nach der förmlichen Annahme durch das EP und die Mitgliedstaaten tritt die Richtlinie am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. (VS)

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